Potenziale der Archäologie für den Geschichtsunterricht
Dissertationsprojekt von Johanna Sachse, Universität Bremen
Dass der interdisziplinäre Ansatz von Archäologie und Schule ein spannendes und für das historische Lernen bei Schüler*innen ertragreiches Feld ist, wird in zahlreichen Beiträgen von Expert*innen der Archäologie, Geschichts- und Museumsdidaktik beteuert. Allerdings gibt es bisher keine empirische Auseinandersetzung mit diesem Gegenstand, wenn Hasberg konstatiert: „eine systematische Befassung mit dem Potenzial der Archäologie zur Beförderung des historischen Lernens existiert bislang nicht“ (2012, S. 129). Eine vermehrte Rezipient*innenforschung, wie u.a. von Samida gefordert, scheint daher dringend notwendig, um zu prüfen, welche Lernpotenziale der Einsatz der Archäologie im schulischen Bereich leisten kann und welche auch nicht (vgl. Samida, 2006, S.226).
Diese Forschungslücke soll mit meinem Dissertationsprojekt aufgearbeitet werden, das sich den grundlegenden und bewusst offen formulierten Fragen widmet, was und wie Schüler*innen mit der Durchführung einer archäologischen Ausgrabung lernen. Dazu werden in Kooperation mit der Landesarchäologie Bremen und dem Museum und Park Kalkriese Ausgrabungen mit insgesamt vier Schulklassen der Jahrgangsstufen 9-12 durchgeführt. Während in Bremen die authentischen Grabungen auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers von Neuengamme mit dem Namen „Schützenhof“ stattfinden, bildet die archäologisch zu untersuchende Epoche um die „Varusschlacht“ in Kalkriese eine deutlich frühere. Hierbei nehmen die Schulklassen an den im Rahmen des museumspädagogischen Programms angebotenen „Grabungscamps“ teil, bei denen die Schüler*innen ehemalige Ausgrabungen auf dem Gelände anhand von präparierten Grabungsschnitten nachvollziehen und die Funde in Form von Repliken im anschließenden Grabungsbüro auswerten.
Blick über einen Teil des Geländes, auf dem sich das ehemalige KZ-Außenlager „Schützenhof“ befand.
Der Aufbau meiner Studie gliedert sich in drei Abschnitte. Vor der Exkursion werden mit insgesamt sechs Schüler*innen einer Schulklasse Einzelinterviews geführt, mit denen die Präkonzepte zur Archäologie und der Thematik festgehalten werden. Bei der folgenden Ausgrabung bekommen die Proband*innen dann Digitalkameras und den Arbeitsauftrag, alles zu fotografieren, was ihnen interessant oder auch sonderbar erscheint. Diese Fotografien bilden die Grundlage für die zweiten Einzelgespräche, in denen über die Eindrücke und eventuellen Konzeptveränderungen gesprochen wird.
Auf diese Weise sollen die Ergebnisse des Dissertationsprojekts den Forschungsbeitrag leisten, das Arbeitsfeld Archäologie und Didaktik erstmals mithilfe der empirischen Sozialforschung zu untersuchen, um anschließend auf dieser Basis Überlegungen zu neuen Möglichkeiten beim historischen Lernen im Geschichtsunterricht zu diskutieren.
Nachdem im Sommer 2018 die Pilotstudie im Museum und Park Kalkriese stattfand, wurden bereits im September 2018 die Ausgrabungen am KZ-Außenlager „Schützenhof“ mit zwei Schulklassen durchgeführt und damit die ersten Daten erhoben. Hierbei legten die Schüler*innen Fundamente einer Baracke der ehemaligen, an der AG Weser beschäftigten Zwangsarbeiter frei. Die zweite Phase der Datenerhebungen ist für das Jahr 2019 in Kalkreise angesetzt.
Schüler*innen bei der Freilegung der Barackenfundamente.
Verwendete Literatur:
Hasberg, Wolfgang: Kultur – Bildung – Archäologie. Anmerkungen zum Verhältnis von Archäologie und historischem Lernen, in: Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte e.V. (Hrsg.): Archäologische Informationen 35, Bonn 2012, S. 125-132.
Samida, Stefanie: Die Vergangenheit in der Alltagswelt der Gegenwart – Anmerkungen zu einer Didaktik der Archäologie, in: Wotzka, Hans-Peter (Hrsg.): Grundlegenden, Tübingen 2006, S. 115-229.
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Kontakt:
Johanna Sachse
Universität Bremen
Fachbereich 8, Institut für Geschichtswissenschaft – Abteilung Geschichtsdidaktik
Betreuerinnen: Prof. Dr. Uta Halle und Dr. Sabine Horn