Handelten die Menschen in der Jungsteinzeit schon mit Waren wie im Orient?

Fakt ist: In der Jungsteinzeit Europas wurden wie auch im Nahen Osten Güter aller Art (Feuerstein, Felsgesteine für Beile oder Äxte, Kupfer, Muscheln, Saatgut, wahrscheinlich auch Textilien, Felle, Häute, Lebensmittel, Geschichten, Neuigkeiten u. v. m.) sowohl als Rohstoff als auch in Form von Fertigprodukten z. T. über weite Strecken weiter gegeben.
Allerdings ist der Begriff „Handel“ so wie wir ihn heute verwenden für die Jungsteinzeit wohl irreführend. „Handel“ meint ja, gewinnorientierten Austausch von Waren zu organisieren. D. h., ich „kaufe“ z. B. einen Feuersteindolch aus Italien dem Alpenhändler für 2 Ziegen ab und „verkaufe“ihn später meinem Nachbarn für 4 Ziegen und freue mich über das gute Geschäft …
Für die Jungsteinzeit würde ich eher den Begriff „Austausch“ verwenden, denn wie wir aus der Ethnologie wissen, standen in vorindustriellen Gesellschaften beim Austausch von Gütern oft soziale Aspekte wie Prestigegewinn im Vordergrund. Um bei dem oben verwendeten Beispiel zu bleiben: Ich tausche 2 Ziegen gegen den Dolch und schenke ihn dem Häuptling des Nachbardorfes, um bei ihm als wohlhabender und mächtiger Mann mit weit reichenden Kontakten zu sehr wichtigen Leuten in weit entfernten Ländern zu gelten und mich seiner Freundschaft zu versichern. Er wird mir sicher im Gegenzug wiederum etwas geben oder etwas für mich tun, das mir nutzt oder meine Stellung im eigenen Dorf stärkt.
Derartige Mechanismen bei Austauschsystemen können für die meisten vorindustriellen, eher egalitär organisierten Gesellschaften angenommen werden, auch im Orient. Erst mit dem Beginn der Bronzezeit – im Orient mit dem Beginn der pharaonischen Reiche Ägyptens bzw. der Stadtstaaten Palästinas, Syriens, des Zweistromlandes und der arabischen Halbinsel, und der damit einhergehenden zunehmenden Hierarchisierung der Gesellschaften kommen neue Komponenten in die Austauschsysteme: Kriegstribute, Raub (einseitige Formen von „Handel“) und nun auch zunehmend „wirklicher“ Handel von Gütern mit Gewinnmaximierungsabsichten.

Diese Frage wurde beantwortet von:
Peter Walter, Pfahlbaumuseum Unteruhldingen (DE)

Did the Neolithic people in Europe trade goods as in the oriental region?

We know that in the Neolithic of Europe, as in the oriental regions, many goods such as flint, ground-stones for axes, copper, shells, seeds and probably as well textiles, leather, pelts, skins, foodstuff, stories, news and much more were transmitted over far distances. But the concept of „trade“ as a profit oriented exchange of goods doesn’t work for the Neolithic periods. For example: I „buy“ an Italian flint-dagger from an alpine „trader“ for the value of 2 goats. Later I „sell“ the dagger to my neighbour for 4 goats and go mad about the good business …
For the Neolithic we prefer to use the concept of „exchange“. As we know by ethnological studies social aspects such as a win of „prestige“ were more important as the profit in pre-industrial societies. To use the same example as before: I change my 2 goats against the Italian dagger and give it to the chief of the neighbouring village as a present. This will show him that I am rich and mighty, having widespread contacts to very important persons in far off countries. Certainly he will eventually give me something or do something for me that will strengthen my position in my own village.
Those mechanisms in exchange systems can be supposed for many pre-industrial and more likely egalitarian organised societies, as well in the oriental regions. It isn’t before the rise of the Bronze Age cultures, in combination with increasing hierarchies f. e. in pharaonic Egypt and the city-states of the Near East, that new elements in the exchange systems come up: tributes, rapes (unilateral forms of „trade“) and increasingly the „real“ trade of goods with the expectation of profit.

This question was answered by:
Peter Walter, Pfahlbaumuseum Unteruhldingen (DE)